Elisabeth war eine junge Frau, so, wie sie hier steht, auf der Treppe. Die Ärmel hochgekrempelt, das Leben anpackend.
Früh verheiratet und schon Mutter von drei reizenden Kindern. Als adelige Ehefrau war es ihre Aufgabe, die Armenfürsorge zu übernehmen. Das tat sie von Anfang an ganz vorbildhaft und hatte dabei immer Unterstützung von Ludwig, ihrem Ehemann.
Hier geht sie gerade mal wieder ins Dorf zu den Hungernden, den Korb voll mit Brot. Gold scheint da durch. Gold in der Kunst, das soll den Gegenstand überhöhen, ihn also zu mehr machen als nur dem Gegenstand. Das Brot, das geteilt wird, in dem wir Jesus erleben. Das war der tiefe Hintergrund, die Triebkraft für Elisabeth.
Sie lebte zu einer Zeit, in der überall in der christlichen Welt Armutsbewegungen entstanden. Dem Prunk und der Völlerei, die sich auch innerhalb der Kirche breit machten, setzten diese Menschen ein radikales Leben in Armut entgegen, in dem sie sich der Fürsorge für die Bedürftigsten der Welt hergaben. So wie Jesus es gemacht hatte. Er setzte sich zu den Zöllnern an den Tisch, heilte Blinde, Lahme und Aussätzige und gab den Hungrigen zu essen. Franz von Assisi, der Ordensgründer der Franziskaner, ist sicher der bekannteste unter ihnen.
Elisabeths geislticher Begleiter in ihrer Zeit auf der Wartburg war ein franiskanischer Laienbruder namens Rodeger, der sie mit den Idealen des Heiligen Franziskus vertraut machte.
Unsere Elisabeth ist hier mal wieder auf dem Weg zu denen, denen es am allerdreckigsten ging zu ihrer Zeit. Das waren die hungrigen Bettler in der Gosse. Das waren aber auch die Waisenkinder, die vor Flöhen und Läusen strotzten. Das waren die Leprakranken mit ihren eitrigen faulenden Wunden.
Zu all diesen Menschen zog es Elisabeth. Sie brachte ihnen Brot zu essen. Aber sie versorgte auch die Wunden. Sie wusch die Kranken, was damals vor 800 Jahren als probate Heilmethode galt. Sie nahm sich ihrer ganz persönlich an und gab ihnen damit auch etwas ganz wichtiges wieder zurück: ihre Würde.
Elisabeth hatte ein ereignisreiches Leben hinter sich, als sie 1231 in ihrem Hospital in Marburg verstarb. Ihr Mann Ludwig fiel auf einem Kreuzzug, und die junge Mutter blieb zunächst völlig verzweifelt mit ihren drei kleinen Kindern bei der Familie Ludwigs alleine zurück. Streitigkeiten entbrannten, denn natürlich ging es beim Erbe um viel Geld.
Erst mit der Zeit fing sich Elisabeth wieder, als sie sich mit zunehmender Hingabe ihrer Aufgabe in ihrem Hospital widmete. Darin fand sie ihre Erfüllung. "So also, Herr, willst du mit mir gehen" soll ein Ausspruch von ihr gewesen sein.
In den Wunden dieser Welt stoßen wir auf Gott. Jesus hat uns das schon erklärt: "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan", so steht es im Matthäus-Evangelium.
Als eine große Hungersnot über´s Land zog, öffnete Elisabeth kurzer Hand die eigene Saatkammer und versorgte die hungernde Bevölkerung mit Saat. Auch hier finden wir wieder Jesus, der uns ermahnt, keine Vorräte zu horten, sondern darauf zu vertrauen, dass es am Ende für alle reicht. Die Geschichte gibt Elisabeth letztendlich recht, auch wenn es natürlich bei der Verwandtschaft den nächsten Skandal auslöste.
Die Armutbewegung der damaligen Zeit achtete auch darauf, nichts zu essen, was unter Ausbeutung der Landbevölkerung angebaut wurde. Auch die Gründung von Hospitälern stieg in dieser Zeit enorm. Dort kamen alle unter, für die niemand sorgte. Elisabeth zeigt uns heute, dass es beides braucht: das eigene Anpacken, heute würde man sagen, den eigenen Konsum zu hinterfragen, aber auch den Einsatz für die Verbesserung von Systemen.